Bürgerbegehren gegen Windkraft: Kein Rechtsschutz gegen BImSchG-Genehmigung

17.12.2021

Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Dezember 2021, Aktenzeichen 5 MR 10/21

 

Dass sich Bürgerzorn gegen die Planung und Errichtung von Windenergieanlagen richtet, ist nicht gänzlich ungewöhnlich und es kommt auch vor, dass man in dieser Situation versucht, über die Mittel, die die Kommunalordnungen der Länder für eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft zur Verfügung stellen, zu nutzen und zu erreichen, dass eine Bauleitplanung zur Verhinderung der Windenergienutzung angestrebt wird. Das war auch vorliegend der Fall und die Initiatoren des Bürgerbegehrens, die sich die „Steuerung“ der Windenergienutzung auf die Fahnen geschrieben hatte, waren bei der Kommunalaufsichtsbehörde bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens gescheitert. In dieser Situation stand für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde allerdings die Zulassung des Vorhabens an und obwohl sich der anwaltliche Vertreter der Bürgerinitiative mit der Forderung an die Genehmigungsbehörde wandte, die Zulassung zu unterlassen, erging diese. Dagegen richtete sich sodann der verwaltungsgerichtliche Eilrechtsschutz der Initiatoren des Bürgerbegehrens mit dem Argument, man hätte die gemeindliche Bauleitplanung und so das Bürgerbegehren vereitelt. 

 

Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Eilantrag – entsprechend unseren Anträgen – als unzulässig verworfen. Es sieht keinerlei Rechte der Initiatoren des Bürgerbegehrens durch die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung als berührt an. Es gibt keine Rechtsvorschriften, die durch die Zulassung verletzt sein könnten. Das Gericht stellt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fest, dass die Rechtsschutzgarantie für die Initiatoren des Bürgerbegehrens als mittelbare Gemeindeorgane nicht gilt. Auch die Bestimmungen der Gemeindeordnung (hier § 16g Abs. 3 Satz 1 GO SH) führen nicht zu einer Antragsbefugnis, denn sie sind von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde im Rahmen der Zulassung nicht zu prüfen und scheiden damit aus dem Prüfprogramm aus. Auch eine analoge Anwendung der Sicherungsinstrumente des BauGB lehnt das Gericht ab. Es bestehe keine echte Regelungslücke, die hier durch eine sogenannte Analogie auszufüllen sei. 

 

Insoweit bleibt festzuhalten, dass die Initiatoren eines Bürgerbegehrens keine Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung haben, da entsprechende Rechte fehlen. 

 

Das Ganze ist sicher ein etwas ungewöhnlicher Fall, zeigt aber, dass eine Genehmigungsbehörde keinen Grund hat, wegen eines Bürgerbegehrens eine immissionsschutzrechtliche Zulassung zu verzögern oder gar zu versagen. Ohne unmittelbare Aktivitäten der Gemeinde selbst ist die Zulassung zu erteilen. 

 

Wenn Sie Rückfragen zu dieser Entscheidung oder der Bedeutung von Bürgerbegehren bei der Planung und Zulassung von Windenergieanlagen haben, stehen Ihnen die Kollegen Dr. Andreas Hinsch, Dr. Mahand Vogt, Benjamin Zietlow, Inga Wömmel oder Anna-Maria Koch gerne zur Verfügung. 

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