Zugriff Eigentümerdaten aus dem Liegenschaftskataster

10.01.2020

Mit einer aktuellen durch Blanke Meier Evers erstrittenen Entscheidung hat jetzt auch das Verwaltungsgericht Dresden klargestellt (Urt. vom 06.11.2019, 4 K 5232/17), unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch gegen Katasterbehörden auf Bereitstellung von Eigentümerdaten haben. Ein Projetentwickler, der als Windkraftprojektierer auf einer im Entwurf des Regionalplans „Oberes Elbtal/Osterzgebirge“ als Vorrang- und Eignungsgebiet vorgesehenen Fläche Windkraftvorhaben umsetzen möchte, hatte auf Herausgabe von Informationen aus den Datenbeständen des amtlichen Vermessungswesens geklagt. Um die Eigentümer der im Planungsgebiet liegenden Flurstücke ansprechen und mit diesen in Vorbereitung des Vorhabens Nutzungsverträge abschließen zu können, benötigte er deren Namen, Anschriften und die Benennung der dazugehörigen Grundbuchblätter. Der Beklagte verweigerte die Herausgabe, da es der Klägerin am erforderlichen berechtigten Interesse gemäß Sächsischem Vermessungskatastergesetz fehle.

 

Hierzu hat das Verwaltungsgericht Dresden jetzt unter Rückgriff u.a. auf ein weiteres durch unsere Kanzlei erstrittenes Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover aus dem Jahr 2014 (Urt. v. 25.11.2014, 4 A 6492/13; vgl. hierzu unser Rundbrief zum Recht der Erneuerbarer Energie aus Dezember 2014) festgestellt, dass ein berechtigtes Interesse schon dann vorliege, wenn es verständig und durch die Sachlage gerechtfertigt sei. Dies sei mit den vorgetragenen konkreten Planungsabsichten für Windkraftanlagen in dem vom Auskunftsersuchen umfassten Gebiet der Fall. Diesem berechtigten Interesse stünden auch keine schutzwürdige Interessen der Flächeneigentümer entgegen.

 

Wichtig war die Feststellung des Gerichts, wonach für den Nachweis eines berechtigten Interesses im Sinne des Sächsischen Vermessungskatastergesetzes keine Vorverhandlungen mit den Grundstückseigentümern erforderlich sind, wie sie etwa durch die Zivilgerichtsbarkeit als Voraussetzung für die Einsicht in das Grundbuch gefordert werden. Das Verwaltungsgericht führte aus, das Liegenschaftskatasters habe einen demgegenüber nur eingeschränkten Informationsgehalt und erlaube gerade keine Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Situation des jeweiligen Eigentümers. Im Ergebnis besteht ein berechtigtes Interesse daher auch, soweit die Eigentümerangaben erst zur Anbahnung von Vertragsverhandlungen bzw. vorgelagert benötigt werden, um frühzeitig zu klären, ob betroffene Grundeigentümer ihre Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung stellen wollen. Dies gelte auch in dem Fall, in dem ein Regionalplan noch in Aufstellung befände.

 

Die obige gerichtliche Entscheidung ist derzeit noch nicht rechtskräftig, aber der Beklagte hat in der Verhandlung erkennen lassen, das er sie wohl akzeptieren wird. Inhaltlich reiht sie sich in die wenigen Entscheidungen zu diesem Thema ergangenen ein und zeigt noch einmal deutlich, dass die Anforderungen zur Darlegung des berechtigten Interesses eher gering anzusetzen sind: durch eine plausible Darlegung konkreter Planungsabsichten ist lediglich reine Neugier auszuschließen. Die Kenntnis des Flächeneigentümers dient einerseits einer geordneten und frühzeitigen Vorhabenplanung, andererseits haben auch die Flächeneigentümer regelmäßig ein Interesse an der Weitergabe ihrer Daten, die zum Abschluss eines finanziell vorteilhaften Nutzungsvertrages führen kann. Sollten Eigentümer hingegen keinen Kontakt wünschen, stehen sie trotz erfolgter Weitergabe ihrer Daten auch nicht schutzlos dar, können sie doch gegenüber dem Projektierer aus den Regelungen der Datenschutzgrundverordnung ein Recht auf Löschung ihrer Daten geltend machen.

 

Für Rückfragen stehen Ihnen die Rechtsanwälte Dr. Andreas Hinsch und Dr. Mahand Vogt gerne zur Verfügung.

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